Politik und Mediendemokratie

Telefonmast mit Kabeln in alle Richtungen

Politisches Handeln in digitalen Öffentlichkeiten

Soziale Medien stellen für politische Akteure ein neues Handlungsfeld dar: Politische Kommunikation ist nicht mehr allein abhängig von massenmedialer Berichterstattung. Mit den neuen Möglichkeiten gehen ebenso neue Herausforderungen und Schwierigkeiten einher. Wie verändern digitale Medien politisches Handeln und politische Kommunikation und wie sind sie in einer Mediendemokratie einzusetzen?

Die Nutzung Sozialer Plattformen ist heute unumgänglich, um im Wettstreit um Inhalte, Aufmerksamkeit und Deutungshoheiten mitzuhalten. Als Multi- und Hypermedien bieten sie ansprechende Formate der Informations- und Politikvermittlung. Allerdings fehlen bislang weitgehend tragfähige Strategien für deren politisch angemessene Verwendung.

Politische Inhalte drohen zu verwässern

Hinter den Sozialen Medien stehen wirtschaftsorientierte Unternehmen, deren Währung die Reichweite der Beiträge ist. Gleichzeitig sind Massenmedien und Soziale Medien füreinander Relevanz-Katalysatoren: Was auf der einen Seite auf hohe Resonanz stößt, wird von der anderen Seite ebenfalls aufgegriffen und verwertet. Dadurch entsteht die Tendenz und der Vorwurf, dass politische Inhalte zunehmend populistischer Art sind: Beiträge, die dramatisieren, vereinfachen, emotionalisieren und konfliktreich sind, werden von Mediennutzerinnen und -nutzern vermehrt beachtet. Politik- und Informationsvermittlung werden zunehmend mit kurzweiliger Unterhaltung verbunden. Politische Inhalte drohen dabei zu verwässern.

Sachlichkeitsanspruch trotz medial bedingter Schnelllebigkeit

Soziale Medien begleiten und beeinflussen die Kommunikation und das politische Agieren: Online-Auftritte erweitern Offline-Kampagnen und massenmediale Darstellungen. Sie verbinden beispielsweise Strategien der Glaubwürdigkeitsvermittlung, Selbstdarstellung und der politischen Inszenierung mit der Aufrechterhaltung eines Sachlichkeitsanspruches trotz medial bedingter Schnelllebigkeit. Der Bedeutungsgewinn von Alternativmedien inklusive der Verbreitung von Falschinformationen (Fake News) haben sowohl die Interaktion politischer Akteure als auch den Austausch der Bürgerinnen und Bürger untereinander nachhaltig verändert.

Niederschwelliger Austausch oder Polarisierung durch Filterblasen?

Einerseits kann der Diskurs auf Plattformen wie Facebook, Twitter, Instagram und Youtube offen und niederschwellig sein. Sie bieten den Userinnen und Usern neue Möglichkeiten der Partizipation und einer intensiven Beschäftigung mit Inhalten des persönlichen Interesses. Andererseits führen sogenannte Filterblasen zu einer einseitigen, selektiven Auseinandersetzung mit Inhalten, die Meinungen und Weltbilder nur verfestigen. So kann man Tendenzen der Polarisierung und Fragmentierung der Gesellschaft beobachten. Aus der Perspektive politischer Akteure wird es zunehmend schwieriger, Menschen zu erreichen, die sich außerhalb der jeweiligen politischen Filterblase bewegen.

Analyse politischer Sprechhandlungen und deren Einbettung in mediale Infrastrukturen

Die Arbeitsstelle für linguistische Gesellschaftsforschung untersucht mit diskurs-, medien- und politolinguistischen Methoden digitale Teil- und Gegenöffentlichkeiten unterschiedlicher politischer Gruppierungen und zeigt die dort etablierten Narrative und Deutungsmuster auf.

Unsere Expertise liegt in der Untersuchung des (politischen) Sprachhandelns und dessen Einbettung in die mediale Infrastruktur. Das umfasst die medialen Voraussetzungen wie die Zugangsmöglichkeiten zum Online-Diskurs, die beteiligten Akteure und Akteursgruppen sowie die medialen Ressourcen der Kommunikation: Kommentarfunktion, Verlinkungen, die Integration von (Bewegt-)Bildern, Sprachnachrichten, die Verwendung von Emojis, GIFs, Stickern, Memes etc. Es geht folglich um die Frage nach der Ausgestaltung der medialen und politischen Kommunikationsräume.

Vanessa Kanz, M.A.

Politisches Handeln in digitalen Öffentlichkeiten

vanessa1.kanz@ovgu.de