Was hält die Gesellschaft
im Gespräch?

Menschen auf Bierbänken

Gesellschaftliche Konvergenz und Divergenz

Demokratie braucht den Streit in der Sache. Aber ebenso sehr lebt sie von einem Konsens der Regeln und Grundlagen dieses Streits. Dazu gehört die Verständigung auf Werte des gegenseitigen Respekts und der Achtung verschiedener Lebensentwürfe und -erfahrungen ebenso wie die Übereinkunft, was in der politischen Auseinandersetzung als Fakten gelten soll und was nicht.

Verschiedene gesellschaftliche Veränderungen haben in den letzten Jahrzehnten dafür gesorgt, dass dieser Konsens zunehmend als brüchig empfunden wird. Neben den veränderten Kommunikationsbedingungen in den digitalen Öffentlichkeiten ist das vor allen Dingen die stärkere Betonung von Gegensätzen zwischen verschiedenen Gruppen in den modernen pluralen Gesellschaften weltweit.

Gesellschaftliche Gegensätze sind sprachlich konstruiert

Diese Gruppenidentitäten haben reale Auswirkungen, aber sie sind diskursiv konstruiert. Sie existieren nicht unabhängig von der Art und Weise, wie die Betroffenen selbst über sich und ‚die anderen‘ sprechen und erst recht nicht davon, welches mediale Bild von ihnen gezeichnet wird.

Gegensätze kann nur verstehen, wer über eine gesicherte wissenschaftliche Grundlage verfügt

Politisch und gesellschaftlich herausfordernde Gegensätze wie die zwischen Alt und Jung, Arm und Reich oder Ost und West kann nur verstehen, wer über eine gesicherte wissenschaftliche Grundlage verfügt, wie die öffentlichen Diskurse hier funktionieren. Und auch, wer in ihnen mit den Mitteln der Sprache wie handelt. Das gilt auch für das für plurale Gesellschaften zentrale Miteinander unterschiedlicher kultureller oder auch sexueller Identitäten, das global durch strukturellen Rassismus und Sexismus bedroht ist.

Das Bemühen um gesellschaftlichen Zusammenhalt braucht wissenschaftliche Analyse

Die Arbeitsstelle für linguistische Gesellschaftsforschung analysiert solche Diskurse auf allen Ebenen, auf denen sie stattfinden: lokal, regional, national, global. Unsere Analysen sind diskurs-, medien- und politolinguistisch fundiert. Wir verfolgen dabei auch eigene thematische Schwerpunkte, etwa den zum innerdeutschen Gegensatz zwischen Ost- und Westdeutschland und den Diskursschranken, die die Vollendung der ‚inneren Einheit‘ nach wie vor verhindern.

Kooperationen mit Stiftungen, Parteien, Unternehmen

Darüber hinaus aber kooperieren wir in Projekten mit gesellschaftlichen Akteuren, die sich zum Ziel gesetzt haben, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken und die sozialen Fliehkräfte zu schwächen: Stiftungen, Parteien, politische Exekutivinstitutionen, Verbände oder Unternehmen.

Mit ihnen gemeinsam arbeiten wir mit den Mitteln der linguistischen Gesellschaftsforschung an Fragen wie: Welche sprachlichen Mechanismen der Spaltung liegen in den konkreten Diskursen vor? Inwiefern sind sie Ergebnis strategischen Sprachhandelns einzelner Akteure und inwiefern eher unbeabsichtigter Nebeneffekt medial üblicher Kommunikationsweisen? Was bewirken gezielte Versuche der Herstellung gesellschaftlicher Konvergenz durch politische Institutionen im Diskurs? Wodurch erhalten Akteure, die auf Spaltung hinwirken, mitunter mehr öffentliches Gewicht („Voice“) als jene, die daran arbeiten, den demokratischen Konsens zu wahren?

Prof. Dr. Kersten Sven Roth

Gesellschaftliche Konvergenz und Divergenz

kersten.roth@ovgu.de